Dass einige Kunstpigmente nicht vegan sind, war mir eigentlich von Anfang an klar. Trotzdem war ich überrascht, als ich herausfand, dass einige Hersteller ihre Aquarellfarben mit Honig anreichern. Das brachte mich auf die Idee, dass Menschen, die vegan leben, vielleicht nicht genau wissen, wann es sich um vegane Materialien handelt und wo die Fallen lauern.
Ich richte mich bei der Definition von Veganismus nach der Vegan Society.
Die formale Definition lautet: „Veganismus ist eine Philosophie und Lebensweise, die versucht – soweit möglich und praktikabel – alle Formen der Ausbeutung von und Grausamkeit gegen Tiere für Nahrung, Kleidung oder andere Zwecke auszuschliessen; und in der Folge die Entwicklung und Nutzung von tierfreien Alternativen zum Wohle von Tieren, Menschen und der Umwelt fördert. In ernährungswissenschaftlicher Hinsicht bezeichnet es die Praxis des Verzichts auf alle Produkte, die ganz oder teilweise von Tieren stammen“.
Zunächst eine gute Nachricht: Es gibt viele, viele Produkte, die sowieso schon vegan hergestellt werden und viele Alternativen. Einige Pigmente solltest du allerdings vermeiden, bzw. bei denen du beim Hersteller noch einmal die Inhaltsstoffe checken solltest, um auch wirklich vegane Materialien zu erhalten.
Farbpigmente
Organische Pigmente werden nicht per se aus Lebewesen gewonnen, sondern auch aus z.B. Pflanzen und Erzen. Darüber hinaus gibt es anorganische, synthetische Pigmente.
Schwarztöne/Brauntöne Pigment PBk9
Als ich bei verschiedenen Herstellern auf der Homepage nach Hinweisen zu veganen Produkten nachgesehen habe, ist mir aufgefallen, dass es vor allem bei den Schwarztönen immer wieder zu Ausnahmen kommt. So sind insbesondere die Töne Elfenbeinschwarz, Knochenschwarz bzw. Beinschwarz und Hornschwarz als explizit nicht vegan aufgelistet. Dies kommt daher, dass die Töne aus verbrannten Rinder- bzw. Tierknochen hergestellt werden. In der Übersicht von Schmincke zu veganen Materialien sieht man das sehr gut.
Alternativen gibt es aber auch: Die Schmincke Norma Blue Ölfarben (wassermischbar) sind außen klar erkennbar mit „vegan“ gekennzeichnet. Sowohl die Tuben „Siena gebrannt“ als auch „Umbra gebrannt“ und „Mineralschwarz“ sind also kein Problem. Sicherlich werdet ihr da auch bei anderen Herstellern fündig.
Auch Töne wie Paynsgrau, Siena oder andere Brauntöne können Knochenbestandteile enthalten. Auch in manchen Zeichenkohlen, können Knochen verarbeitet sein,
„Echtes“ Purpur
Mittlerweile gibt es Möglichkeiten, violette bzw. rote Farbtöne nachzubilden. Steht jedoch „echtes Purpur“ auf der Farbe ist davon auszugehen, dass es aus der Purpurschnecke gewonnen wurde. Auf der Seite von Kremer Pigmente wird angegeben, dass für 1 g Purpurpigment 10.000 Schnecken verwendet werden. Dies schlägt sich natürlich außerdem in einem saftigen Preis wieder.
Karmin
Karmin kann aus der Cochenille – der weiblichen Schildlaus gewonnen werden. Bei meiner Recherche soll dieses „echte“ Karmin allerdings eine schlechte Lichtechtheit besitzen, was es als Künstlerfarbe eher disqualifiziert. Royal Talens schreibt auf der Homepage des Unternehmens, dass mittlerweile ein stabiles, synthetisches Pigment genutzt wird (Quelle). Da das Pigment aber weiterhin oft in Kosmetika, insbesondere Lippenstiften und auch in der Textilindustrie verwendet wird, ist es dennoch eine Erwähnung wert.
Sepia
Sepia wird aus dem Tintenbeutel von Tintenfischen (Sepien) gewonnen und wird vor allem in der Nahrungsmittelindustrie verwendet. Auch hier gibt es mittlerweile synthetische Pigmente. Dennoch würde ich hier noch einmal genauer hinschauen. Insbesondere bei Zeichentuschen kann zwar das Pigment vegan sein, das Endprodukt aber nicht, insbesondere wenn Schellack verwendet wird.
Binde- und Hilfsmittel
Schellack
Der Naturharz, der von der Lackschildlaus produziert wird, findet eine breite Anwendung in Lacken, Polituren, in der Nahrungsmittelindustrie und auch bei z.B. Nagellacken. Im Kunstbereich vor allem in Zeichentusche, aber auch bei z.B. Fixativen.
Das Harz wird auf folgendem Weg gewonnen: Die Laus sticht die Rinde eines Baumes auf und saugt den Pflanzensaft heraus. Bei der Ausscheidung bleibt dann die lackähnliche Masse übrig. Aus dieser Masse baut die weibliche Laus einen Kokon, in dem sie sich und die Eier einbaut. Sobald die Larven geschlüpft sind, wühlen sie sich wieder frei. Die weibliche Laus bleibt zurück und stirbt. Die mit der lackähnlichen Masse überzogenen Äste werden abgeschlagen und das Harz gewonnen.
Honig
Wird sowohl in Aquarellfarben (oft hochwertige Farben) als auch in z.B. Wachsfirnissen verwendet.
Ei
Eigelb wird in Eitempera Farben als Bindemittel verwendet (wer hätte es gedacht) und Eiweiß findet unter anderem in Gouache Farben Anwendung. Auch hier solltest du genau hinschauen.
Kasein
Kasein ist ein Bindemittel aus Milchprotein. Wenn Kasein aufgeführt ist, ist das Produkt nicht vegan.
Ochsengalle
Ochsengalle ist eine Verdauungsflüssigen von Rindern. Es wird in manchen Aquarellfarben zugesetzt. Darüber hinaus wird es als Malmittel eingesetzt. Es hat eine entfettende Eigenschafte und verzögert die Trocknung der Aquarellfarben.
Hasenleim
Der Name ist auch hier Programm. Der Leim wird aus Kaninchenkollagen gewonnen und hat die Eigenschafte, Leinwände trommeldick zu versteifen. Als Alternativen können andere stoffversteifende Mittel genutzt werden – auch wenn diese nicht den gleichen Effekt haben sollen.
Pinsel
Viele Künstler schwören auf Tierhaarpinsel. Sie können aus z.B. Marderhaaren oder Schweine- und Rinderborsten bestehen. Hier ist es sehr einfach, die Synthetikvariante zu wählen, der leichte Performance-Nachteil kann dann verschmerzt werden.
Tierversuche
Wer eine vegane Lebensweise führt, der interessiert sich meistens auch dafür, ob Produkte an Tieren getestet werden.
Die REACH-Verordnung regelt, dass eine potenzielle Toxizität der Chemikalien ermittelt werden muss. Dies dient zum Schutz von Mensch und Umwelt. Auf der anderen Seite sollen eventuell benötigte Tierversuche auf ein Minimum beschränkt und kontrolliert durchgeführt werden. Die Ergebnisse können so transparent untereinander ausgetauscht werden.
Dies führt dazu, dass die Hersteller der Kunstmaterialien selbst keine Tierversuche durchführen müssen. Vorlieferanten, die chemische Stoffe herstellen oder importieren, sind jedoch verpflichtet sicherzustellen, dass die Verwendung der Stoffe sicher ist. Dies kann zu Tierversuchen führen.
Hier ein Ausschnitt aus der REACH- Verordnung, sowie der Link zur Verordnung
Ziel der REACH-Verordnung ist es, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor gefährlichen Wirkungen von Chemikalien sicherzustellen. Die REACH-Verordnung repräsentiert das Gleichgewicht, das im Gesetzgebungsprozess zwischen der Notwendigkeit der Gewinnung neuer Informationen über gefährliche Eigenschaften mithilfe von Tierversuchen und dem Ziel der Vermeidung unnötiger Tierversuche geschaffen wurde. Daher legt sie das Prinzip fest, dass Versuche mit Wirbeltieren nur als letztes Mittel durchgeführt werden dürfen.
Unternehmen, die chemische Stoffe herstellen oder importieren, müssen dafür Sorge tragen, dass deren Verwendung sicher ist. Dazu werden Informationen über die inhärenten Eigenschaften von Stoffen herangezogen und, wo dies nötig ist, gewonnen, um die von ihnen ausgehenden Gefahren für die Einstufung sowie für die Risikobewertung zu beurteilen und auf der Grundlage dessen geeignete Risikomanagementmaßnahmen für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu entwickeln
Vegane Materialien – Mein Fazit
Es ist jedem selbst überlassen, wo er die Linie zieht. Dieser Artikel soll hier niemandem etwas vorschreiben, er soll lediglich informieren und denen, die auf der Suche sind, eine Hilfe bieten. Darüber hinaus fand ich die Erkenntnisse auch so einfach sehr interessant.
Ich persönlich lebe nicht vegan, bin aber dabei, meinen Konsum insgesamt bewusster und nachhaltiger zu gestalten. Wir können außerdem beobachten, dass immer mehr Menschen eine vegane Lebensweise wichtig ist, weshalb wir über die von uns verwendeten Produkte Bescheid wissen sollten. So können wir auf die Frage, ob wir vegane Materialien verwenden, auch eine Aussage treffen.
Auf viele der oben genannten Produkte kann ich gut verzichten. Da ich jedoch am liebsten mit Öl male, würde mir der Verzicht auf die Pigmente der Siena-Erdtöne ehrlicherweise sehr zu schaffen machen, aber glücklicherweise habe ich ja -zumindest im wasserlöslichen Bereich- schon eine Alternative zu Hause.
Im Übrigen sind vegane Materialien hier nicht mit „gesunden“ oder „nachhaltigen“ Produkten gleichzusetzen. Auch organische Pigmente wie z.B. Antimon, das als Erz in der Natur (und als Pigment in z.B. Neapelgelb) vorkommt, ist ein giftiges Schwermetall. Wir müssen mit Künstlerfarben – insbesondere Öl- und Acrylfarben – immer verantwortlich umgehen. Das bedingt regelmäßiges Lüften, Hände waschen und wenn nötig auch Handschuhe tragen.
Jetzt bist du dran, wo ziehst du die Linie? Versuchst du auf vegane Materialien zu achten, oder war das neu für dich. Lass es mich in den Kommentaren wissen.
Ich hoffe der Beitrag hat dir gefallen und du konntest etwas neues Lernen. Folg mir gerne auch unter @pinselpower auf Instragram oder Tiktok.
Hier habe ich auch noch einen Artikel über günstige Kunstmaterialien vorbereitet. und hier gibt es noch einen Artikel falls du wissen willst, welche Materialien du für den Start in dein neues Hobby brauchst.
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